Den Begriff Claims (Bergbauschürfrechte) dürfte wohl jeder
aus diversen Abenteuergeschichten und Western kennen. Doch nicht nur für
einzelne Goldsucher des 19. Jahrhunderts, sondern auch für Minengesellschaften
der Gegenwart sind sie von zentraler Bedeutung. Ein kurioses Ereignis warf im
Dezember 2011 ein Schlaglicht auf diesen Sachverhalt.
In den USA müssen Minengesellschaften beim United States
Bureau of Land Management eine jährliche Verwaltungsgebühr für ihre
Schürfrechte bezahlen, damit sie diese nicht verlieren. Das gilt
selbstverständlich auch für die Rochester-Mine in Nevada, eine der größten
Silberminen in Nordamerika. Betreiber ist Coeur d'Alene Mines, ein Unternehmen
aus Coeur d'Alene (Idaho, USA), neuntgrößter Silberproduzent der Welt.
Aber Größe schützt vor Fehlern nicht. So geschah das
Unglaubliche und löste Verwunderung, Spott und Heiterkeit in der Branche aus.
Bei Coeur d'Alene vergaß man tatsächlich, die zum 31. August 2011 fällige
Jahresgebühr (Instandhaltungsgebühr) für seine Claims in Nevada in Höhe von
120.000 U.S.-Dollar zu überweisen. Damit verlor Coeur sämtliche Schürfrechte
rund um die Mine. Diese konnten ab dem 1. September von anderen Interessenten
neu beansprucht werden.
Die Rye Patch Gold Corp. aus Vancouver (British Columbia,
Kanada) bemerkte Coeurs peinliche Nachlässigkeit und sicherte die frei
gewordenen Land- und Minenrechte mit einer Ausdehnung von 30,3
Quadratkilometern. Sie befinden sich in einem Gebiet namens Oreana Trend,
welches reiche Gold- und Silbervorkommen aufweist. Mit Lincoln Hill entwickelt
Rye Patch in unmittelbarer Nähe zur Rochester-Mine bereits ein Projekt und war
deshalb vermutlich auch besonders aufmerksam.
Zum Erlangen der Schürfrechte musste das nunmehr von Claims
freie, also offene, lokalisierbare und öffentliche Land abgesteckt und im
amtlichen Register eingetragen werden, was Rye Patch im Oktober und November
2011 erledigte (was aber auch jede andere Person oder Gesellschaft hätte tun
können). Ein wichtiger Teil der zum Rochester-Förderbetrieb gehörenden
Ressourcen und Reserven war somit Rye Patch Gold zuzurechnen.
Am 28. November informierte Rye Patch das leitende Management
von Coeur d'Alene über die abgeschlossene Lokalisierung, also das vollzogene
Abstrecken seiner Claims einschließlich Probennahmen, Kartierungen und
Genehmigungen von Bohrzielen durch Geologen (siehe die Pressemitteilung vom 6. Dezember 2011).
Coeur fiel aus allen Wolken und versuchte vergeblich, Rechtsmittel einzulegen.
Mit einer einstweiligen Verfügung wollte man den Geologen von Rye Patch
untersagen, das Gelände zur Entnahme der nötigen Bodenproben zu betreten. Doch
diese waren längst gezogen. Außerdem versuchte Coeur, die Claims erneut für
sich eintragen zu lassen. Doch es ist verboten, bereits vergebene Claims zu
beanspruchen. Auch hier kam Coeur d'Alene also zu spät.
Als das Ereignis am 5. Dezember publik wurde, verdoppelte
sich der Wert der Rye-Patch-Aktie in kürzester Zeit. Coeur nahm Verhandlungen
mit Rye Patch auf, um eine "kommerzielle" Lösung zu finden, also
beispielsweise das relativ kleine Unternehmen zu übernehmen und somit indirekt
wieder in den Besitz der verlorenen Schürfrechte zu gelangen. Der außerdem
begonnene Rechtsstreit berührte Grundsatzfragen des Bergbaurechts und sollte
sich aufgrund seiner Komplexität eine Weile hinziehen.
Zum besseren Verständnis sei erwähnt, dass das
U.S.-amerikanische Bergbaurecht durch die Gepflogenheiten im kalifornischen
Goldrausch von 1849 geprägt und im Mining Act of 1872 erstmals in Gesetzesform
gebracht wurde (das Konzept haben auch andere Länder wie Australien
übernommen). Hier wird unter anderem zwischen nicht-patentierten und
patentierten Schürfrechten (unpatented/patented mining claims) unterschieden.
Im geschilderten Fall ging es um nicht-patentierte
Schürfrechte, die durch fortgesetzte Exploration oder Nutzung sowie die
Entrichtung der jährlichen Instandhaltungsgebühr immer wieder aufgefrischt
werden müssen, um nicht zu verfallen. Nicht-patentierte Schürfrechte lassen
sich schließlich in patentierte Schürfrechte umwandeln, wenn der Inhaber
gegenüber den Bundesbehörden nachweist, dass der Claim lokalisierbare
Mineralien enthält, die mit Gewinn abgebaut werden können ("proven mineral
reserve"). Nach Erteilung des benötigten Patents durch die Behörden bleibt
der Inhaber dauerhaft im Besitz seines Schürfrechts und kann über die im Boden
enthaltenen Mineralien im Rahmen gesetzlicher Vorgaben verfügen.
Im Juni 2013 kam es
schließlich zu einer Einigung, wie in der Pressemitteilung von Rye Patch vom 25. Juni 2013 skizziert. Rye Patch übertrug die umstrittenen
Claims zurück an Coeur d'Alene und erhielt dafür erstens 10 Millionen Dollar,
zweitens eine Lizenzgebühr von 3,4 Prozent des Bruttoumsatzes des in der
Rochester Mine gewonnenen und verkauften Goldes und Silbers (die sich von 2014
bis 2017 auf insgesamt etwa 32 Millionen U.S.-Dollar belaufen wird) sowie drittens die patentierten
Bergbaurechte an der Lincoln Hill benachbarten Erzader namens Blue Bird.
Quelle: Das Edelmetall-Buch, S. 83 ff (aktualisiert)