Sonntag, 28. Juli 2013

Negative Gold Forward Offered Rate (GOFO)


Seit nunmehr drei Wochen – weit länger als je zuvor – ist das seltene und sehr interessante Phänomen der Backwardation (siehe dazu auch Das Edelmetall-Buch, S. 114 ff) auf dem Goldleihemarkt zu beobachten. Ist es erneut ein Signal für eine neue Goldpreis-Rallye?

Auf dem Goldleihemarkt wird Gold nicht verkauft, sondern verliehen. Große Goldbesitzer wie Zentralbanken verleihen Gold – welches andernfalls in Tresoren herum liegen würde, ohne Zinsen abzuwerfen – gegen Geld (U.S.-Dollar), welches sie gewinnbringend anlegen können. Dafür zahlen sie dem Goldleiher einen Zins – die Gold Forward Offered Rate (GOFO – auch Gold Offered Forward Rate genannt). Diese steigt in der Regel mit zunehmender Laufzeit (1, 2, 3, 6 oder 12 Monate). Goldleiher können Geschäftsbanken, Investmentgesellschaften oder große Händler sein, die Gold beispielsweise zum Erfüllen von Lieferverpflichtungen benötigen oder damit spekulieren (indem sie auf fallende Preise setzen, das geliehene Gold zum aktuellen Preis verkaufen und rechtzeitig zum Rückgabetermin billiger wieder einkaufen wollen).

Normalerweise liegt die GOFO über dem Leitzins der U.S.–Zentralbank, ist also positiv. Diesen Normalzustand bezeichnet man als Contango. Seit dem 8. Juli 2013 (Stand 28. Juli 2013) ist sie für kürzere Laufzeiten jedoch in den negativen Bereich gerutscht (Backwardation – siehe LBMA). Das Verhältnis hat sich umgekehrt. Nun muss der Goldleiher dem Goldverleiher einen Zins bezahlen. Es ist tatsächlich kurios. Der Goldleiher verleiht Geld und zahlt dafür auch noch Zinsen. Physisches Gold wird offenbar ziemlich dringend gesucht.

Eine derartige Backwardation hat es vorher nur zweimal für jeweils wenige Tage gegeben, nämlich vom 9. bis 12. März 2001 (2 Handelstage) vor dem mehrjährigen Aufwärtstrend des Goldpreises und vom 20. bis 24. November 2008 (3 Handelstage), als der Goldpreis nach der Lehman-Pleite seine deutliche Korrekturphase beendete und einen raschen Anstieg begann. Beide Male wies die negative GOFO auf erhebliche Knappheit auf dem physischen Goldmarkt hin und war Vorbote einer langen Goldhausse.

Nachtrag vom 21. August 2013

Die GOFO für Laufzeiten bis zu drei Monaten ist seit nunmehr 33 Handelstagen negativ, was inzwischen häufiger selbst für längere Laufzeiten von sechs Monaten gilt. Dieses Phänomen ist bislang einmalig.

Es bedeutet, dass große Institute, die auf dem Goldleihemarkt tätig sind, lieber Gold halten als U.S.-Dollar. Der Spatz in der Hand (Gold) ist ihnen lieber als die Taube auf dem Dach (Dollar).

Dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Möglicherweise verliert die U.S.-Währung an Vertrauen.

Auch ist Gold ist deutlich knapper, als es der über Monate kräftig gesunkene Goldpreis suggeriert. Dieser wurde nach Ansicht vieler Beobachter durch Manipulationen wie Leerverkäufe auf dem Terminmarkt gedrückt. Irgendwann erkennen die Anleger jedoch, dass das scheinbar üppige Angebot zum Großteil aus Papiergold besteht, während physisches Gold für den aktuellen Preis nicht zu kriegen ist (siehe auch hier).

Sollte letzteres stimmen und diese Erkenntnis sich auf den Märkten durchsetzen und die Stimmung umschlagen lassen, dann dürfte bald mit deutlichen Preissteigerungen zu rechnen sein. Siehe oben…

Samstag, 13. Juli 2013

Wird Gold knapper?


Gegenwärtig ist immer wieder zu hören und zu lesen, dass der Goldpreis nicht die Produktionskosten vieler Minenbetreiber deckt. Sie müssten 1.500 bis 1.600 U.S.-Dollar pro Feinunze erzielen, um Gewinne machen zu können. Weil der aktuelle Preis jedoch darunter liege, stellen immer mehr Minen ihre Goldförderung ein.

Soweit ist das korrekt (siehe hier).

Weiter wird oft gesagt, dass dies zu einer Verknappung des Goldangebots führe. Ich selbst benutze diese Formulierung häufiger.

Was aber streng genommen nicht stimmt, sondern sich allein darauf bezieht, dass das Angebot im Verhältnis zur Nachfrage knapper wird. Die Goldbestände sinken dadurch nicht.

Denn Gold wird kaum verbraucht. Es wechselt in der Regel lediglich seinen Besitzer – vielleicht auch seine Erscheinungsform, wenn es eingeschmolzen und neu verarbeitet wird.

Ende 2012 sollen etwa 174.100 Tonnen Gold vorhanden gewesen sein (siehe Das Edelmetall-Buch, S. 85 f). Sie waren in Form von Barren, Münzen, Schmuck, sakralem Gerät, Prunk- und anderen Gegenständen in Tresoren, Sammlungen, Schubladen, Tempeln und sonst wo auf der ganzen Welt verteilt oder zierten seine Trägerinnen und Träger.

Dieses Gold existiert nach wie vor und steht dem Markt unverändert zur Verfügung (mehr oder weniger jedenfalls – die Totenmaske des Tutenchamun und andere Kulturgüter bleiben davon hoffentlich ausgenommen, zählen bei der Gesamtmenge freilich mit).

Hinzu kommen jährlich zuletzt über 2.800 Tonnen neuen Goldes aus den Goldminen. Allein diese Goldförderung wird von Minenschließungen tangiert.

Wenn sich die Stilllegung von Minen fortsetzt, mag also weniger neues Gold angeboten werden als in den Jahren zuvor. Der Gesamtbestand an Gold wird dennoch weiter wachsen, nur eben langsamer. Knapper im Sinne von weniger wird Gold dadurch nicht.

Vielleicht zieht der Goldpreis aber auch bald wieder an und niemand redet mehr von Minenschließungen.